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Überblick Philipperbrief

Einführung in den Brief an die Philipper

(nach W. Kelly: Notes on the Epistle to the Philippians - bearbeitet und gekürzt)

 

Im Folgenden möchte ich mit der Hilfe Gottes versuchen, Inhalt und Charakter des Philipperbriefes vorzustellen.

Schon im ersten Vers finden wir eine Besonderheit in diesem Brief. Der Apostel Paulus stellt sich folgendermaßen vor: „Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, allen Heiligen, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!"

Es fällt auf, dass Paulus im Unterschied zu seinen anderen Briefen seinen Titel als „Apostel" weglässt.

Geleitet durch den Heiligen Geist, stellt er sich so auf eine Stufe mit den Philippern und kann sich darin mit Timotheus vereinigen.

Zu Beginn dieses Briefes lernen wir also, dass wir hier nicht die großen christlichen Wahrheiten vorgestellt bekommen, wie zum Beispiel im Römer-, Korinther-, oder Epheserbrief, wo Paulus in der Einleitung den Zusatz „Apostel" hinzufügt.

Doch wenden wir uns zunächst dem Römerbrief zu. Hier bezeichnet sich Paulus als „berufener Apostel" und redet die Empfänger als „berufene Heilige" an. Dieselbe Gnade Gottes hatte sowohl Paulus in sein Apostelamt berufen als auch die Gläubigen in Rom zu „Heiligen" gemacht.

In der ganzen Kraft und Autorität seines Apostelamtes schreibt er den Römern nun über die christlichen Basiswahrheiten. Damit meine ich die Belehrungen, die jeder einzelnen Seele ihren sicheren Platz (Stellung) vor Gott und die damit verbundenen Pflichten deutlich machen. Durch den Zusatz „Apostel" (1,1) wird klar, dass es sich bei dem Inhalt des Briefes nicht um menschliche Überlegungen handelt.  

Im Korintherbrief dagegen werden die Gläubigen nicht als Heilige, also einzelne Christen, sondern als Versammlung angesprochen. Auch hier macht Paulus sein Amt als Apostel geltend. Macht dies nicht deutlich, dass jedes einzelne Wort in der Bibel von tiefer Bedeutung für unsere Seelen ist?

Zu Beginn des Ersten Korintherbriefes stellt Paulus Sosthenes als einen Bruder an seine Seite, während er sich selbst als Apostel auszeichnet. Der Grund dafür ist offensichtlich. Die Korinther waren in einem so schlechten Zustand, dass sie sogar so weit gingen das Apostelamt von Paulus anzuzweifeln.

Wenn wir uns nun dem Philipperbrief zuwenden, so sehen wir, dass Paulus auch die Aufseher und Diener erwähnt. Aufseher (Älteste) und Diener wurden durch die Apostel ernannt. Beides waren auf die Versammlung in ihrer Örtlichkeit bezogene Dienste.

Der Apostel Paulus selbst war nicht mehr dazu in der Lage persönlich über die Seelen der Gläubigen zu wachen. Darum erinnert er sie an ihre Aufseher und Diener. Dabei ist zu bedenken, dass Paulus auch in seinen letzten Briefen nicht die geringste Anspielung macht, dass diese Ämter in irgendeiner Weise fortgeführt werden sollten. Es fehlt schlicht an der apostolischen Autorität für die Ernennung von Ältesten bzw. Dienern.

Der Brief an die Philipper markiert also in gewisser Weise eine Übergangszeit. Paulus war aufgrund seiner Gefangenschaft abwesend. Stellvertretend bereitet Gott durch Paulus die Versammlung auf eine generelle Abwesenheit aller Apostel vor. In seiner Gnade hat er auch für die nachapostolische Zeit Fürsorge getroffen.

Weiter redet Paulus die Gläubigen mit „Heilige" und nicht als „Versammlung" an, wie er dies in den Briefen an die Korinther und Thessalonichern tut. Daraus können wir den Schluss ziehen, dass er nicht so sehr über das schreibt, was sie als Versammlung gemeinsam betrifft, sondern sich eher an den Einzelnen wendet.

Wenn Paulus an die Philipper dachte, erfüllte das sein Herz mit Freude (Vers 4). Es ist beeindruckend, dass der große Apostel der Nationen so etwas über die Philipper schreiben konnte. Wäre das Herz des Apostels auch erfreut, wenn er an uns denken würde?

Im Philipperbrief lässt uns der Apostel Paulus Einblicke in sein persönliches Seelenleben tun. Er zeigt sein eigenes praktisches Christenleben, das er Tag für Tag mit dem Herrn Jesus lebte. Es geht thematisch also nicht so sehr um die christlichen Lehren, sondern mehr um die Erfahrungen eines Christen im Alltag.

Wir finden in diesem Brief die Kraft des Heiligen Geistes, der in dem Leben des Gläubigen wirkt und ihn befähigt Christus zu verwirklichen.

Aber warum trägt der Brief gerade diesen Charakter? Welche Umstände sind der Anlass dafür?

Der Grund liegt in der Abwesenheit des Apostels. Er war als Gefangener in Rom. In Philippi verhielt es sich anders als in Korinth, wo die Abwesenheit des Apostels zu Prahlerei und Parteibestrebungen geführt hatte. Die Philipper dagegen fühlten anlässlich der Gefangenschaft von Paulus vielmehr ihre totale Abhängigkeit von Christus.

Der letzte Aufenthalt von Paulus in Philippi lag nun schon einige Jahre zurück. Trotzdem hatte das seiner Freude in Bezug auf die Philipper keinen Abbruch getan. Die Freude, die er verspürte, wenn er an sie dachte, war um nichts schwächer geworden. Ganz im Gegenteil, es gibt wohl keinen anderen Brief, der so von dem Gedanken der Freude durchzogen ist. Und das, obwohl kein anderer Brief in so schweren und sorgenvollen Zeiten verfasst wurde. Christus selbst ist der Grund für diese Freude!

Wir können gut verstehen, dass ein umherziehender Arbeiter des Herrn sich freut, wenn er Hingabe an Christus findet und sieht, wie Menschen zum Glauben kommen. Aber denken wir an Paulus - jahrelang saß er schon im Gefängnis, zwischen zwei Soldaten angekettet, von der Arbeit abgehalten, die er so liebte! Er war sich bewusst, dass andere aus seiner Abwesenheit Vorteile zogen, indem sie das Evangelium aus Neid und Streitsucht predigten. Und dennoch floss sein Herz über vor Freude, so dass er sogar andere damit ansteckte. Vor diesem Hintergrund ist der Brief an die Philipper verfasst. Wenn es je ein Zeugnis der Kraft des Geistes Gottes in einer Seele auf Erden, in der Mitte all der Schwachheit und des Versagens gegeben hat, dann finden wir es hier!

Mit Paulus wird uns nicht das Bild eines Menschen gezeigt, der unter den Umständen liegt,          sondern jemand, von dem man sagen kann, dass er „mehr als ein Überwinder" ist (Rö 8,37).

Natürlich wusste Paulus auch, was entmutigt zu sein bedeutet. So finden wir im Zweiten Korintherbrief eine Beschreibung seiner Seelenkämpfe. Aber dieser Brief hier zeigt uns, dass nicht ein Zeichen von Ermüdung oder Beunruhigung bei ihm vorhanden war. Auch die böse sündige Natur bzw. das Fleisch spielt hier keine wesentliche Rolle, wie etwa im Römerbrief. Es ist auch nicht die Absicht des Apostels, in diesem Brief über die Fülle der Segnungen zu schreiben, wie im ersten Kapitel des Epheserbriefes.

Was wir in diesen Brief finden, ist der Genuss der Kraft des Heiligen Geistes, die den Gläubigen Tag für Tag über diese Erde erhebt. Dazu ist es notwendig, dass Christus für die Seele ein und alles ist. Dann sind die Umstände, so schwer sie auch sein mögen, nur Anlass zu noch tieferer Freude.

Um dies zu verstehen und auszuleben, müssen wir allerdings zunächst unsere Stellung als Christen erfassen. Sei es nun individuell (Römerbrief) oder als Glied am Leib Christi (Korintherbrief). Gleiches gilt in Bezug auf unsere Segnungen in den himmlischen Örtern in Christus, die uns im Epheserbrief beschrieben werden. Haben wir etwas davon verstanden, so entsteht die Frage: Wie lebe ich diese Vorrechte hier auf der Erde aus? Wenn man sagt, dies sei eine zu schwere Frage, hieße das, der Güte unseres großen Gottes zu misstrauen.

Gottes Wunsch ist es, uns glücklicher machen. Der Brief an die Philipper ist ein Brief, der unser Herz mit Christus füllt, und zwar dann, wenn wir ein einfältiges Auge für Ihn haben.

Verfolgen wir den Inhalt des Briefes weiter, so finden wir, dass Paulus sich freute, wo immer er in den Philippern etwas von Christus entdeckte. Er wünschte ihnen geistliches Wachstum (Vers 8) und zeigt ihnen gleichzeitig, dass Christus ihm alles bedeutete: „Leben ist für mich Christus" (Vers 21).

Auch für uns steht der Pfad offen, den Paulus uns vorlebte. Wie wenig sind wir uns bewusst, dass alles uns schwächt, was nicht Christus ist.

Der Schlüssel für einen solchen Weg ist die Gesinnung Christi (Kap. 2,5-8). Er, der ewige Gott, der sich in seiner Menschwerdung so erniedrigte und auch hier auf der Erde die Position eines Knechtes einnahm, sollte Motivation genug für uns sein, einen Weg der Selbstverleugnung zu gehen.

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